„Design heißt zunächst einmal Gestaltung. Zumeist wird unter Design die äußere und innere Ausgestaltung unter ästhetischem Primat verstanden. Die ansprechend, formschöne Gestaltung wird ergänzt durch eine funktional, hoch qualitative, gestaltoptimierte Konstruktion. Design soll also Ästhetik und Technik optimal verbinden.“ (Bergmann & Daub, 2008, S. 58)
Design Thinking kommt aus der Produktentwicklung. Ursprünglich ging es wirklich um das Design konkreter Gegenstände, die man sehen und angreifen konnte, und das kann man an dieser Definition auch noch ablesen. Der Begriff hat sich seither aber weiterentwickelt. „Mittlerweile wissen wir jedoch, dass nicht die physische Gestalt, sondern vielmehr die intelligente, effektive Gestaltung im Hintergrund für den Erfolg der Produkte verantwortlich ist.“ (Gerstbach, 2018, S. 43) Heute geht es um alle Arten von Lösungen, und nicht nur um ihre optischen oder haptischen Eigenschaften, sondern um alle möglichen „Anteile der konzeptionellen und technischen Gestaltung von Objekten und Systemen.“(Uebernickel et al., 2015, 16)
Man kann trefflich darüber streiten, ob es sich bei Design Thinking um einen agilen Prozess im engeren Sinne handelt. Aus meiner Sicht implementiert es genug von den agilen Werten und Prinzipien, um diese Frage zu bejahen, aber ganz ehrlich: Das ist keine Schlacht, die ich austragen werde. Letzten Endes geht es viel mehr darum, ob der Prozess zur Bewältigung eines konkreten Problems oder eines Sets von Problemen geeignet ist. Mehr dazu in einem anderen Beitrag.
Anders als andere agile Prozesse gibt Design Thinking jedenfalls eine Abfolge von Phasen vor. Dabei ziehen sich zwei rote Fäden durch: Phasen der Einbindung und des Dialogs, in denen das Team in die Breite geht und externe Inputs einholt, wechseln sich mit Phasen der Introspektion und Kreativität, in denen das Team die Inputs verarbeitet und Lösungen entwirft, ab. Man spricht von „divergenten“ und „konvergenten“ Phasen. Dabei bewegt sich das Team, sehr grob gesprochen, zuerst im Problemraum, wo es darum geht, die Situation und die Bedürfnisse der Nutzer*innen zu verstehen, und wechseln im Lauf der Zeit in den Lösungsraum, wo es mehr darum geht, gefundene Neuerungen vorzustellen, abzutesten und zu verbessern.
Um das deutlich zu veranschaulichen, verwenden Design Thinker gerne das Bild des Doppeldiamanten:
Der Doppeldiamant soll veranschaulichen, dass sich im Design Thinking Phasen der Breite (Dialog, Einbindung) mit Phasen der Kreativität abwechseln: diverge and converge. Der Prozess führt vom Problem zur Lösung.
In der Literatur werden die Phasen des Design Thinking Prozesses leicht abweichend beschrieben. Für mich kommt es nicht darauf an, ob wir jetzt in fünf, sechs oder sieben Phasen arbeiten. Wesentlich ist die Abfolge divergenter (in die Breite gehender) und konvergenter (zusammenfassender) Teile, dass die Stakeholder immer wieder aktiv eingebunden werden, und dass sich das Verstehen des Problems und die Entwicklung der Lösung einigermaßen die Waage halten.
Aus dieser Abfolge von Phasen dürfen wir aber nicht schließen, dass wir hier ein lineares Projekt abwickeln. Es kommt immer wieder vor, dass das Team in divergenten Phasen neue Erkenntnisse gewinnt. Schließlich ist das der Sinn und Zweck dieser Phasen. Diese neuen Erkenntnisse müssen natürlich verarbeitet werden, und dazu ist es oft notwendig, in eine frühere Phase zurück zu steigen. Das ist nicht nur in Ordnung, sondern explizit gewünscht.
Auch innerhalb einer Phase gibt es einen Mikrozyklus aus Verstehen, Beobachten, Ideenfindung usw. Dadurch wird der Prozess hochgradig iterativ und garantiert rasches Feedback. So entwickelt das Team quasi täglich ein besseres Verständnis von den Bedürfnissen der Nutzer*innen und kann seine Lösungen an diese Bedürfnisse anpassen.
In allen agilen Prozessen spielt in der einen oder anderen Form eine Rolle, dass das Team den Nutzer*innen rasch und oft konkrete, sichtbare Vorschläge vorlegt. Im Design Thinking steht die Kommunikation mittels Prototypen ganz im Vordergrund. Es gibt sehr viele Möglichkeiten, wie man das machen kann und wie das bei der Gestaltung einer Lösung hilft. Über die Art und Weise, Ideen mittels Prototypen buchstäblich „greifbar“ zu machen, kommt später noch ein eigener Beitrag.
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Mich hat selber erstaunt, wie viel Literatur ich am Ende für die ganze Arbeit verwendet habe. Alleine in dieses kurze Stück sind folgende Bücher eingeflossen:
Bergmann, Gustav / Daub, Jürgen (2008): Systemisches Innovations- und Kompetenzmanagement. Grundlagen – Prozesse – Perspektiven
Gerstbach, Ingrid (2018): Design Thinking im Unternehmen: Ein Workbook für die Einführung von Design Thinking
Leifer, Michael et al. (2018): The Design ThinkingPlaybook: Mindful Digital Transformation of Teams, Products, Services, Businesses and Ecosystems
Serfass, Annika / Schäfer, Doris (2021): Weniger schlecht entscheiden
Schallmo, David R. A. / Lang, Klaus (2020): Design Thinking erfolgreich anwenden
Uebernickel, Falk et. al. (2015): Design Thinking: Das Handbuch